Generationsübergreifendes Konfliktpotenzial
In der heutigen Arbeitswelt sei es gang und gäbe, dass bis zu vier Generationen zusammenarbeiten. In den Führungspositionen fänden sich häufig noch Babyboomer, die die Wirtschaftswunderzeit erlebten und sich auf traditionelle Werte besinnen. Die nachfolgende Generation X wurde durch Wirtschaftskrisen geprägt und zeichne sich durch ein meist erhöhtes Sicherheitsbedürfnis aus. Die Millennials, oder auch Generation Y, haben als erste die Digitalisierung, den Internetboom und die Globalisierung mitgemacht. Ihnen sei es besonders wichtig, Spaß und Sinnhaftigkeit in der Arbeit zu erleben. Die Jüngsten auf dem Arbeitsmarkt – die Generation Z – wolle wieder klare Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben ziehen und hinterfrage wie keine anderen bestehende Modelle, Systeme und Strukturen. „Die verschiedenen Werte, Einstellungen und Anschichten der unterschiedlichen Generationen halten viel Konfliktpotenzial bereit“, betont Ulla Schnee den Sachverhalt.
Sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbeitende sei es herausfordernd, wenn in der eigenen Abteilung oder im eigenen Team Altersunterschiede von bis zu 30 Jahren auftauchen. Dass hier häufig Welten aufeinanderprallen, stellt Ulla Schnee heraus: „Die jüngeren sind oftmals der Meinung, dass die Art und Weise, wie ‚die Alten‘ Themen angehen, vollkommen überholt ist. Ältere Mitarbeitende fühlen sich dadurch nicht respektiert und kontern oftmals, dass man früher noch von den Älteren gelernt hat und die Jüngeren heute scheinbar alles besser wissen.“ Der Erfahrung von Ulla Schnee nach werde heute in Unternehmen noch zu wenig getan, um die Cross Generation Conflicts zu minimieren.
Wie Konflikte unter den Generationen entstehen und sich entwickeln, könne verschiedene Ursachen haben. Eine davon sei beispielsweise die unterschiedliche Ansicht der Generationen zu Themen wie Büro- und Arbeitsalltagsgestaltung, Mitarbeiterführung, dem Umgang mit Feedback, das Verhalten im Team, die Art der Kommunikation und Hierarchie. „Auch Klischees und Vorurteile tragen dazu bei, Konflikte unter den verschiedenen Altersgruppen anzuheizen“, ergänzt Ulla Schnee. In ihrer Arbeitspraxis erlebt sie häufig folgende Situation: Ein gut ausgebildeter Vertreter der jüngeren Generation möchte seine Kompetenzen im Unternehmen platzieren und durchsetzen. Es stellt vieles infrage, will etwas verändern und trifft dabei auf ebenfalls sehr kompetente ältere Mitarbeitende und Führungskräfte. Diese fühlen sich dadurch schnell bewertet, mitunter sogar angegriffen und glauben, ihre Arbeit, die sie über viele Jahre geleistet haben, sei mit einem Mal nichts mehr wert. Weiteres Konfliktpotenzial zeige sich auch in der Einstellung zu Fehlern, wie Ulla Schnee näher ausführt: „Insbesondere Mitarbeitende der Generation Z haben noch sehr viele Leichtigkeit in ihrem Tun. Ihre Fehlertoleranz ist um ein Vielfaches höher als die der ‚alten Hasen‘, die bereits einige schmerzhafte Erfahrungen in Sachen Fehlertoleranz bzw. -intoleranz gemacht haben.“ Während die Älteren bei einem leichtfertigen Abtun von Fehlern innerlich schäumen, könnten die Jüngeren nicht verstehen, warum darum so ein Aufsehen gemacht wird. Es gebe noch viele weitere Situationen, die früher oder später dazu führen, dass die einen sich gegängelt und andere vorgeführt fühlten.
Anstatt die Synergien zu nutzen und die Kompetenzen aller Generationen gewinnbringend zu vereinen, sei es laut Ulla Schnee eher der Alltag, dass man sich gegenseitig blockiere und sogar gegeneinander arbeite. Das liege vor allem daran, dass Unwissenheit und Unverständnis darüber herrsche, warum die jeweilige Altersgruppe auf eine bestimmte Art und Weise reagiere und andere Ansichten hat. „Dabei führt gerade die Zusammenarbeit von jung und alt meist zum Erfolg eines Unternehmens. Die Kombination aus langjähriger Erfahrung und neuen Ideen bringen Unternehmen voran. Bleiben Konflikte jedoch weiter bestehen, werden die Menschen frustriert, demotiviert und kündigen mitunter sogar“, so Ulla Schnee.
Sie selbst könne nicht nachvollziehen, warum viele der älteren Generation weiterhin darauf beharren, dass die Jüngeren den gleichen, teilweise mühevollen Weg gehen müssen: „Hätten viele von den Älteren unter Ihnen sich nicht auch gewünscht, in der Ausbildungs- und Berufsanfangszeit mehr zu lernen und vielleicht sogar eigene Ideen einzubringen? Aus diesem Grund sollten es erfahrene Führungskräfte und Kollegen heute anders machen.“ Ulla Schnee rät zum gegenseitigen Zuhören, zum Nutzen von Synergien – und dazu, sich auch einmal daran zu erinnern, was man sich selbst damals von älteren Vorgesetzten oder Kollegen gewünscht hätte.