Geht der Respekt verloren?
Fast täglich falle das Wort Respekt im Sprachgebrauch. Doch oftmals sei nicht klar, was genau damit gemeint ist, weshalb Ulla Schnee zunächst einen Exkurs in den Ursprung des Wortes unternimmt. Das lateinische „respicere“ heiße übersetzt so viel wie Rücksicht nehmen, sich nach etwas umsehen oder zurücksehen. Das darin enthaltene „specere“ stehe dabei für „sehen“. „Respekt bedeutet somit, dass wir den anderen Menschen sehen, wie er ist und Rücksicht auf ihn nehmen“, erklärt Ulla Schnee. Die Grundvoraussetzung für ein respektvolles Miteinander sei, den Menschen an sich zu sehen und nicht seine Funktion, Statussymbole oder das, was er nicht hat.
In vielen Unternehmen gäbe es nach wie vor Rahmenbedingung, die nicht gerade einen respektvollen Umgang miteinander fördern. Es werde gelästert, gelogen und getrickst, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Zudem würden Ziele und Anreize so gestaltet, dass sich ein egoistisches Verhalten auszahle. Durch ein respektloses Verhalten käme es immer wieder zu Missverständnissen und Konflikten. So erzählen viele Menschen im Coaching mit Ulla Schnee, dass sie oder andere Menschen in ihrem Umfeld keinen Respekt erfahren. Häufig sei dies auf Status, Aussehen oder Funktion zurückzuführen. Ein zu kleines Auto, die falsche Marke der Uhr, zu wenige Likes auf Social Media, „nur“ Team- und kein Abteilungsleiter zu sein oder ein nicht massenkonformes Aussehen bieten hierbei immer wieder Angriffsfläche für Lästereien. „Im schlimmsten Fall werden körperliche Einschränkungen oder Behinderungen zum Gespött gemacht. Auch scheinbar kognitive Begrenzungen werden gerne laut kommentiert und belächelt“, bringt Ulla Schnee die traurige Wahrheit auf den Punkt und stellt die Frage, was Menschen davon haben, andere respektlos zu behandeln. Was bleibe sein ein kleiner Moment der Schadenfreude oder das kurze Gefühl, dass man selbst besser, interessanter oder relevanter sei als jemand anderes. Doch der Preis dafür sei enorm hoch. Fehlender Respekt schade nicht nur dem Menschen, dem er nicht gezollt wird, sondern auch dem Miteinander, dem Unternehmen, der Gesellschaft und damit allen Menschen. „Also auch der Person, die mit Respektlosigkeit anderen gegenüber durch die Welt zieht“, ergänzt Ulla Schnee.
Es gäbe viele Situationen, in denen sich Respektlosigkeiten zeigen. Und viele Menschen seien selbst schon Opfer davon geworden. Doch wer anderen, die über nicht so viel verfügen, die Anerkennung abspreche, werde selbst nicht intelligenter, relevanter oder reicher. Das gelte auch im Business-Kontext. Vielmehr sorge ein respektvoller Umgang – ob mit Kunden, Geschäftspartnern oder Kollegen – für mehr Erfolg in Zeiten, in denen Produkte immer austauschbarer werden und Menschen sowie ihr Verhalten eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Daher lautet der eindringliche Appell von Ulla Schnee: „Jeder Mensch hat Respekt verdient. Durch Auftreten, Status und Aussehen erhalten manche Menschen ohne jedes Zutun automatisch jeglichen Respekt. Diejenigen mit Einschränkungen und solche, die scheinbar nicht in das gesellschaftlich gängige Bild unserer modernen Welt passen, müssen sich entweder den Respekt anderer hart erkämpfen oder erhalten ihn erst gar nicht. Doch auch sie haben es verdient, gesehen zu werden, mit all ihren Talenten und in ihrer Einzigartigkeit.“
Wenn jeder anderen Menschen den Respekt entgegenbringe, den er erwarte, dann werde die gesamte Gesellschaft wertvoller und lebenswerter. Im privaten Umfeld ebenso wie im Business.