26.05.2023

Wer die Treppe nur unten kehrt, hat am Ende doch den Dreck vor der Tür – daran ändert auch New Work nichts

Schon wieder ein Blog zu New Work und Führung? Nein, dieses alte Thema spreche ich an, weil es noch immer Menschen gibt, die nicht glauben, selbst Teil des Problems zu sein. Vielmehr sind sie der Meinung, dass nur die anderen, meist unteren Ebenen, gerichtet, ja manchmal sogar repariert, werden müssen. Das wurde mir wieder einmal bewusst, als ich den Auftrag bekam, aufgrund von hoher Personalfluktuation in einer Abteilung mit rund 30 Beschäftigten, Gespräche zu führen und zu analysieren, was bei der Abteilungsleitung und der Zusammenarbeit mit den Beschäftigten nicht stimmt. Nach der Analyse sollte ich entsprechende lösungsorientierte Maßnahmen ergreifen.

Wer die Treppe nur unten kehrt, hat am Ende doch den Dreck vor der Tür – daran ändert auch New Work nichts
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Ein verlockender Auftrag, da ich die Freiheit hatte, selbst zu entscheiden, welche Maßnahmen angemessen waren. Allerdings war die zugrunde liegende Haltung (wie so oft) folgende: „Schauen Sie sich um, reparieren Sie, was repariert werden muss. Und wenn es nicht funktioniert, dann haben Sie entweder schlechte Arbeit geleistet oder wir haben alles versucht und werden personelle Konsequenzen ziehen.“ Diese Bedenken wurden vom Abteilungsleiter und dessen Stellvertreter geäußert, wobei ich anmerke, dass die übergeordnete Führungsebene (der Hauptabteilungsleiter) sich bereit erklärt hatte, vorübergehend an der Maßnahme teilzunehmen – ein klassisches Standardzugeständnis, welches alles oder nichts heißen kann.

Chance oder Herausforderung?

Obwohl bei diesem Auftrag auch grundlegende Systeme, die über die Abteilung hinausgehen, irritiert werden sollten, um Veränderungen herbeizuführen, begann ich meine Arbeit zunächst in der unterbesetzten Abteilung. Der Abteilungsleiter hatte zwar weiterhin Bedenken, dass die Analyse und Beratung einer Externen zu personellen Konsequenzen führen könnten, sah darin aber auch eine Chance. Er argumentierte, dass seine Abteilung benachteiligt wurde, da sie im Vergleich zu den anderen, die teilweise voll oder sogar übersetzt waren, über zu wenig Mitarbeitende verfügte und zudem keine Unterstützung erhielt. Dies machte er vor allem daran fest, dass in seiner Abteilung „anders“ gearbeitet wird.

Konflikte, Kündigungen und Überlastung

Vor drei Jahren wurde die neue Abteilung (eine von sechs) mit dem Ziel gegründet, von Anfang an mit agilen Methoden zu arbeiten. Allerdings gab es unter den Mitarbeitenden unterschiedliche Erfahrungen mit agilem Arbeiten und Fortbildungen fanden erst im laufenden Prozess statt, weshalb einiges „unrund“ lief. Schon bald fühlten sich einige Kolleg:innen so genervt, dass sie begannen, sich mit den anderen „normalen“ Abteilungen zu vergleichen. Die Folge: Sie verweigerten das agile Arbeiten. Sie schrieben dem Abteilungsleiter die Schuld dafür zu, störten immer offensichtlicher die Arbeitsabläufe und auch die Konflikte mit den Kolleg:innen, die zufrieden und engagiert waren, nahmen zu. Obwohl festgelegt war, dass diese Abteilung agil arbeitet, kündigten einige Mitarbeitende mit dem Hinweis, dass die Schuld beim Abteilungsleiter liegt. Der Arbeitsaufwand blieb an weniger Personal hängen und die Gewöhnung an das agile Arbeiten fand weiter statt – und dass bei sechs unbesetzten Vollzeitstellen! Die verbliebenen Mitarbeitenden leisteten Überstunden, waren zunehmend überfordert und wurden krank. Dennoch setzte die Abteilung gemeinsam alles daran, den Workload zu schaffen. Es gelang ihnen und der Preis dafür war hoch: irgendwann gingen alle auf dem Zahnfleisch und es brauchte dringend Lösungen. Die obere Führungsebene sah das Problem allerdings bei der Abteilungsleitung und nicht in der Einführung agiler Methoden bzw. fehlendem Personal.

New Work, old leaders: Warum die Führungsebene oft die größte Hürde ist

Meine Arbeit begann damit, mit den Mitarbeitenden zu sprechen. Ich fand eine Abteilung vor, die engagiert, angestrengt und motiviert war. Es herrschte allgemeine Erleichterung, dass die Störenfriede gegangen waren und allmählich fand das Team wieder zusammen und freute sich dabei auf die Unterstützung durch mein Coaching. Wie immer, wenn externe Profis auf das System, Kooperation, Kommunikation und Abläufe schauen, gibt es Stellschrauben, die gezogen werden können. Durch meine Anregungen und das Coaching stieg die Motivation. Auch andere Mitarbeitende aus dem Unternehmen hospitierten und wechselten schließlich sogar in diese Abteilung. Das größte Hindernis für meine Arbeit war jedoch die Haltung der oberen Führungsebene, die nicht mit dem Konzept des agilen Arbeitens und mit der Person des Abteilungsleiters glücklich war. Die mangelnde Unterstützung und negative Kommunikation des Hauptabteilungsleiters hatten weitreichende Auswirkungen auf das Team. Hier wird wieder einmal lehrbuchhaft deutlich: Wenn die oberen Führungsebenen ihre Haltung und Kommunikation nicht ändern, wird sich auch in den unteren Ebenen nichts ändern, denn eine Treppe kehrt man von oben – auch in Zeiten von New Work.

Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich bereits in Ihrem Unternehmen gemacht? Wird dort auch teilweise die Treppe noch von der falschen Seite gekehrt? Wenn Sie Lust auf einen Austausch zum Thema haben, dann melden Sie sich gerne hier oder via LinkedIn.

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