26.07.2018

Was mich selbst als Konflikt-Profi auf die Palme bringt

Manchmal werde ich gefragt, wie ich es schaffe, in Konfliktmoderationen immer so ruhig und so gelassen zu bleiben. Das hat viele Gründe: Zum einen sorge ich für einen stetigen Ausgleich durch Sport, mache Urlaub und ja, ich kann auch meditieren. Natürlich habe ich es auch mit autogenem Training und Yoga versucht, was damals allerdings nicht gut zu mir gepasst hat.

Was mich selbst als Konflikt-Profi auf die Palme bringt

Meine Quellen der Gelassenheit
Was mir zudem in meiner Arbeit Gelassenheit gibt, sind meine Erfahrung und das Wissen, dass es oft eine Lösung gibt. Außerdem bin ich nicht Teil des Konfliktes, d. h. nicht Konfliktbeteiligte und achte immer darauf, es nicht zu werden. Hin und wieder ist allerdings gerade das harte Arbeit.

Die »Palme« ist auch schnell erklommen
Meine Gelassenheit hat durchaus auch Grenzen. Wobei es mir meist gelingt, dies bis zur Zeit nach dem Termin zu ziehen. Allerdings gibt es Dinge, die mich so richtig, richtig ärgern können – da bin ich ganz ehrlich. Das sind zum Beispiel Verhaltensweisen, die andere Menschen öffentlich demütigen und alle machen mit. Tatsächlich alle: die, die es machen und die, die sich amüsieren genauso wie die, die weder das eine noch das andere machen, jedoch durch Nichtstun unterstützen.

Was mich auch so richtig wütend machen kann, ist Lügen mit dem Wissen, dass das Gegenüber es weiß und nichts unternehmen kann oder aber »Lügen bis der Arzt kommt« – wie ich es nenne. Das passiert dann, wenn Menschen andere so platt belügen und glauben, es funktioniert, weil der Rest der Welt hirnamputiert ist. Gruselig.

Was mich ebenso auf die Palme bringen kann – nein eher fassungslos macht – ist die Haltung »Es sind immer und auf jeden Fall nur die anderen Schuld«. Mit ein wenig Ironie ist dann auch diese Entschuldigung zu verstehen: »Und wenn ich auch ein bisschen was nicht ganz so richtig gemacht habe, dann kann man das doch verstehen, oder?????«

Ich könnte jetzt noch das ein oder andere berichten und merke, wie ich die ganze Zeit auf andere zeige ... Konfliktmoderatoren sind halt auch nur Menschen.

Auch Konflikt-Profis sind nur Menschen
Alle haben einen guten Grund, das zu tun, was sie tun. Manchmal ist es wirklich richtig schwierig herauszufinden, warum jemand seine eigene Enttäuschung, seine eigene Verletztheit, an anderen, teilweise unbeteiligten Dritten auslebt. Selbst Konfliktbeteiligte, die gut in dem Thema Verhalten bzw. im Umgang mit Konflikten geschult sind, vergessen, was sie gelernt haben. Warum? Weil Gefühle involviert sind. Es geht um unbefriedigte Bedürfnisse, um persönliche Themen oder ähnliches. Und dann wird es schwierig. Selbst für Profis.

Keiner hat die Fähigkeit bei Angriffen auf die eigene Person, auf die eigene Kompetenz, auf die eigene Befindlichkeit, immer und garantiert vernünftig zu reagieren. Doch was hilft? Ich habe kein Patentrezept. Allerdings stelle ich mich bildlich daneben – um es im Fachjargon auszudrücken: Ich gehe auf die Meta-Ebene – und frage mich: Worum geht es und betrifft es mich?

In dem Moment nehme ich die Einladung, auf einen Konflikt einzusteigen, nicht an. Es sei denn, ich will mich streiten. Vielleicht bin ich ja bereit, mich verletzen zu lassen und andere in die Schranken zu weisen. Und ich sage Ihnen mal was im Vertrauen: Auch bei Profis kommt das vor.

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