02.06.2017

Vereinbarungen? Die sind doch dazu da, um sie über den Haufen zu werfen ...

Vereinbarungen? Die sind doch dazu da, um sie über den Haufen zu werfen ...

Es gibt eine Frage, die mich seit einigen Wochen umtreibt, weil sie seit langer Zeit mal wieder präsent wird: Was haben andere davon, wenn sie die – manchmal sehr mühsam – im Konfliktmanagement erarbeiteten Vereinbarungen zur Zusammenarbeit stören oder gar versuchen zu verhindern? Mit den beiden folgenden Beispielen möchte ich gerne verdeutlichen, was ich genau meine. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob die Menschen begreifen, was sie tun. So sehr haben sie nur sich und ihre eigenen Vorstellungen im Kopf ...

Mit Füßen getreten
Vor einigen Jahren habe ich eine Mediation zwischen einem Sales Manager und einem seiner Vertriebler durchgeführt. Beide waren in ihrem Bereich hoch erfolgreich, sowohl in dieser Firma wie auch bei den vorherigen Arbeitgebern. Die Fronten waren sehr verhärtet. Dennoch waren beide bereit, an der verordneten Mediation teilzunehmen und es gelang, tragfähige Vereinbarungen zu verhandeln. Im Grunde schätzten die beiden einander, nicht unbedingt persönlich. Sie hatten jedoch Achtung und Respekt vor den beruflichen Kompetenzen und den Erfolgen. Was das Leben schwierig machte, waren die Strukturen im Unternehmen, die »bottom up« unbedingt eingehalten werden mussten, nur nicht »top down«.

Letzteres führte immer wieder dazu, dass der CEO den Vertriebler ansprach und mit ihm Themen diskutierte, die im Entscheidungsbereich des Sales Managers lagen. Damit kam der Vertriebler immer wieder in Gefahr, die getroffenen Vereinbarungen nicht einzuhalten. Nur, was tun, wenn der CEO sich selbst nicht an Regeln hält, die er von anderen erwartet und damit seine Manager-Ebene aushebelt? Das Ergebnis war, dass letztlich beide das Unternehmen verlassen haben und getrennte Wege gegangen sind.

So stellt sich für mich die Frage: Was treibt Menschen an, eine Mediation anzuordnen und dann mühsam erarbeitete Mediationsvereinbarungen anderer zu ignorieren?

Im Hintergrund »benutzt«
2016 führte ich ein Konfliktmoderationsverfahren in einem Unternehmen zwischen zwei Mitarbeiterinnen durch. Beide kannten sich schon viele Jahre. Wie es im Leben spielt, wurde kritisches Feedback „unterirdisch“ gegeben. Es wurde ebenso „unterirdisch“ genommen. Persönliche Enttäuschung kam auf beiden Seiten zusätzlich dazu. Die Führungskraft der beiden zog die Reißleine und bot eine Konfliktmoderation an, weil es so nicht weitergehen konnte. Das Geschäft litt, die Zusammenarbeit war stark gestört, das Vertrauen verschwunden. Erklärtes Ziel der Konfliktmoderation war, das jahrelang gute Arbeitsverhältnis soweit wiederherzustellen, dass man miteinander arbeiten konnte.

So erarbeiteten wir wesentliche Knackpunkte und entwickelten Lösungen. Nach dem Verstehen, was bei dem jeweils anderen vorgegangen ist, wurden Entschuldigungen ausgesprochen. Die Zusammenarbeit schien »gerettet«. Es musste keine Versetzung etc. in die Wege geleitet werden. Die Führungsebene und der Betriebsrat waren informiert. Es schien alles »erledigt« zu sein.

Womit keine der Konfliktbeteiligten und auch ich nicht gerechnet hatten, war die Freundin der einen Konfliktpartei, die es nicht ertragen konnte, dass ihre Unterstützung nun nicht mehr gebraucht wurde. Sie begann im Hintergrund zu agieren und Gerüchte über die andere Mitarbeiterin zu streuen. Das führte wiederum dazu, dass die eine Mitarbeiterin (die Freundin) erstaunte und durchaus misstrauische Nachfragen aus den Führungsebenen und vom Betriebsrat erhielt. Erfreulicherweise konnte sie glaubhaft darstellen, dass ihre sog. Freundin aus eigenem Antrieb handelte.

Was treibt diese Person an? Von außen betrachtet hat sie die Mitarbeiterin benutzt, um ihre eigene Meinung durchzusetzen?

Erfreulicherweise ist es selten, dass diese Beispiele vorkommen. Doch gibt es sie.

 

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