Teamentwicklung statt Konfliktmoderation?
Einzelinterviews zu Beginn einer Maßnahme sind einer der Klassiker, wenn es um Mediation oder Konfliktmoderation geht. Dieses Vorgehen wird in den Fällen genutzt, wenn entweder mit hohem Aggressionspotenzial zu rechnen ist oder wenn so viele unterschiedliche Personen beteiligt sind, dass man vermutet, Einzelne würden sich erst einmal nicht zu Wort melden oder untergehen. Das könnte wiederum zur Folge haben, dass Themen und/oder Bedürfnisse untergehen und unbearbeitet bleiben.
Ergo: Höre ich die o. g. Einleitung zu einem potenziellen Auftrag, frage ich mich: Was in aller Welt bringt die handelnden Personen dazu, von Teamentwicklung zu sprechen, wenn es doch um die Bewältigung von Konflikten geht?
Gelegentlich frage ich danach. Meist ernte ich unverständliche Blicke. Man scheint nicht zu verstehen, wonach ich frage. Das ist erstaunlich, nicht wahr?
Irritation wohin man auch schaut
Manchmal bekomme ich auch klar die Antwort, dass die Mitarbeitenden/Beteiligten bereit sind, an einer Teamentwicklungsmaßnahme oder an einem Teamcoaching teilzunehmen. Die Bereitschaft zur Teilnahme an einer Konfliktmoderation bestünde dagegen nicht. Irritierend, nicht wahr? Vor allem, wenn allen bekannt und bewusst ist, dass die Themen der Teamentwicklungsmaßnahme z. B. die Verbesserung der Arbeitsbeziehung, die Verbesserung der Arbeitsatmosphäre und die Beilegung bestehender Konflikte sind.
Was macht den Unterschied in der Überschrift? Ist es unangenehmer, wenn ich an einer Konfliktmoderation statt an einer Teamentwicklung teilnehme? Ist Teamentwicklung vielleicht weniger mit Schuld oder Fehler belastet? Steht die Konfliktmoderation in Zusammenhang mit Inkompetenz oder mit befürchteten bevorstehenden Personalmaßnahmen? Hey, wo ist das Problem, wenn es einen Konflikt gibt? Konflikte sind normal. Sie gehören zum Leben dazu.
Reibung ist etwas Normales
Schon Schulz von Thun sagte: Wo Menschen miteinander schaffen, machen sie einander auch zu schaffen. Reibung ist normal. Reibung erzeugt Energie. Nutzen wir die Energie offensiv konstruktiv und kehren sie nicht unter den wohlbekannten Teppich, wo sie sich ziemlich sicher destruktiv entwickelt – bisweilen sogar disruptiv.
Während der »Teamentwicklungsmaßnahmen« wird in der Regel über kurz oder lang sehr offen über Konflikte gesprochen. Die Teilnehmenden wundern sich manchmal über sich selbst und sagen oft, dass sie nun wissen, warum nicht jemand engagiert wurde, der sich auf Themen wie Teamentwicklung, Teamkompetenz oder Ähnliches spezialisiert hat, sondern jemand, der Konflikte behandelt. Sie lernen für sich meist gute Wege, aus den Konflikten herauszukommen und auch in Zukunft andere Perspektiven zuzulassen.
Und last but not least ist die Konfliktmoderation, die Teamentwicklung genannt wurde, doch noch der Fortentwicklung des Teams dienlich.