28.02.2023

Sieg der heimlichen Strukturen oder Happy End für die Führungskraft?

Der Wechsel einer Abteilungsleitung – eine alltägliche Situation in Unternehmen. Mal läuft es phänomenal mal katastrophal. Ich habe schon einige dieser Wechsel begleitet, so wie in diesem Fall den von einer in Rente gehenden Abteilungsleiterin zu ihrem Nachfolger. Zu Beginn verlief alles reibungslos, bis sich die heimlichen Strukturen offenbarten und plötzlich enorme Herausforderungen für die neue Führungskraft entstanden. Sehen Sie selbst wie die Geschichte ausging …

Sieg der heimlichen Strukturen oder Happy End für die Führungskraft?
Shutterstock.com | wan wei

Dieser Führungskräftewechsel war fast schon zu schön, um wahr zu sein. Alle involvierten Teams waren direkt mit an Bord und zeigten sich offen und motiviert, der Prozess wurde für alle transparent dargestellt und der Staffelstab konnte von der Abteilungsleiterin nahtlos an ihren Nachfolger übergeben werden. Dieser plante, einiges zu verändern, was auch aus Sicht der Teams bisher nicht gut gelaufen ist. Er wähnte die Mitarbeitenden an seiner Seite und trotz alledem stagnierten die Leistung und die Qualität – die Frage nach dem Warum sollte uns noch eine ganz Zeit lang beschäftigen.

Heimliches wird offensichtlich

Im Laufe der Zeit kristallisierte sich immer mehr heraus, dass die Teams nach „heimlichen Strukturen“ agierten, die sich über einen langen Zeitraum hinweg etabliert haben. Der Grund dafür lag in der vorherigen Abteilungsleiterin, die jahrelang nur die kommissarische Leitung innehatte, da die eigentliche Führungsperson erkrankt war – und alle hofften darauf, dass sie zurückkehrt. Es entwickelte sich eine abwartende Haltung. Und wie immer, wenn Menschen auf etwas warten, wird nichts verändert. Alles wurde beim Alten gelassen und die kommissarische Leitung übernahm sogar den Führungsstil der abwesenden Abteilungsleiterin, obwohl dieser gar nicht zu ihr passte. Das Ende vom Lied: Es haben sich informelle Strukturen gebildet. Bestes Beispiel dafür ist, dass wenn vonseiten der Abteilungsleitung etwas gewünscht wurde, dies erstmal mit den Teamleitern oder ihren Stellvertretern besprochen wurde. Dabei spielte es keine Rolle, ob dies der Abteilungsleiterin passte oder nicht. Und es wurde ganz subtil alles, womit man nicht einverstanden war, verhindert. Zunächst fiel diese heimliche Struktur nicht auf. Was hingegen deutlich zu erkennen, war ist, dass Wünsche und Erwartungen nicht so umgesetzt wurden, wie man es sich erhofft hatte und die Qualität der Arbeit stagnierte. Schließlich war die Kundschaft da und beschwert hat sich auch niemand. Warum also etwas ändern?

Aufräumen ist angesagt

Der neue Abteilungsleiter wollte grundsätzlich Dinge verändern, Arbeitsbereiche aufsplitten, teamübergreifende Zusammenarbeit fördern, Transparenz herstellen und Projektarbeit einführen. Auf seiner Agenda stand also die Modernisierung der ganzen Abteilung. Scheinbar fanden das auch alle Mitarbeitenden super und zeigten sich zufrieden – nur mitmachen wollte keiner. In meiner Tätigkeit dort wurde immer offensichtlicher, dass es unausgesprochene Strukturen gab. In Workshops mit einigen gezielt gesetzten Provokationen legten wir diese offen. Auffallend war, dass es Personen gab, die nur gesprochen haben, wenn eine andere kaum merklich mit einem Nicken ihre Zustimmung gab oder dass bei Entscheidungsthemen nur bestimmte Mitarbeitende reagierten. Wie lässt sich jetzt mit einer solchen Situation umgehen? Der neue Abteilungsleiter hat gemeinsam mit mir einen systemischen Blick auf die gesamte Abteilung geworfen, zum Beispiel welche Kräfte an welcher Stelle wirken oder eben nicht zum Tragen kommen. Aus dieser Arbeit heraus wurden die heimlichen Machtstrukturen sehr deutlich. Der erste Schritt zur Lösung war, das ganze System umzubauen. Mit anderen Worten: der Abteilungsleiter hat teamübergreifend umstrukturiert und auch für die Versetzung einzelner Personen gesorgt. Er hat somit das aufgeräumt, was andere jahrelang haben liegen lassen. Keine leichte Aufgabe und eine enorme Herausforderung für ihn als neue Führungspersönlichkeit, die jetzt ihren Führungsanspruch durchsetzen musste, obwohl zu Beginn alles so harmonisch wirkte.

Happy End – Qualität und Leistung stimmen

Nachdem die inoffiziellen Strukturen offengelegt und gestört wurden und alle Mitarbeitenden, die in der Abteilung sind, dort auch gerne arbeiten und der offiziellen Leitung folgen, kann der Abteilungsleiter endlich anfangen, die Arbeit in der Art und Weise durchzuführen, die dem Qualitätsanspruch entspricht, den er sich von Anfang an vorgestellt hat. Das Ganze hat allerdings ein Jahr gedauert und war mit großen Herausforderungen verbunden, doch letztendlich gab es ein „Happy End“. Bei Bedarf unterstütze ich den Abteilungsleiter weiterhin supervisorisch und wir werfen immer wieder einen systemischen Blick auf seine Abteilung. Aufgrund meiner neu gewonnenen Kenntnisse in der positiven Psychologie fließen dort auch verstärkt Aspekte wie Unterscheidung zwischen Stärken und Kompetenzen, Motivation, Wertesysteme, positives Führen etc. ein.

Gibt es auch in Ihrem Unternehmen heimliche Strukturen? Wenn Sie Lust auf einen Austausch zum Thema haben, dann melden Sie sich gerne hier oder via LinkedIn.

zurück