18.07.2023

Mediation und Positive Psychologie – eine gute Kombination oder völlige Gegensätze?

Anstrengung und Entspannung, Reden und Zuhören, Tradition und Innovation – auf den ersten Blick Gegensätze. Doch können sie in Kombination äußerst wirksam sein. Im Folgenden gehen wir der Frage auf den Grund, ob auch Mediation und positive Psychologie ein kraftvolles Duo bilden oder sich eher abstoßen.

Mediation und Positive Psychologie – eine gute Kombination oder völlige Gegensätze?

Bedenkt man, dass Konfliktmanagement schon seit Jahren ein relevanter Bestandteil des Gesundheitsmanagements in Unternehmen ist, liegt die Vermutung nahe, dass Mediation und Positive Psychologie eine gute Kombination darstellen. Bevor wir jedoch diese Frage beantworten können, werfen wir zunächst einen genaueren Blick auf die Konzepte dahinter.

Mediation – eigenverantwortliche Konfliktlösung

Die Mediation ist ein strukturiertes Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktlösung. Als eine Form der alternativen Streitbeilegung ermöglicht sie kompromissbereiten Parteien, mithilfe einer neutralen dritten Person eigenverantwortliche und selbstbestimmte Lösungen für ihren Konflikt zu finden. Die Mediation beruht dabei auf den Prinzipien der Freiwilligkeit, Vertraulichkeit und Eigenverantwortung.

Im Rahmen der Mediation haben die Konfliktparteien die Möglichkeit, ihre Standpunkte und Interessen frei und offen zu äußern. Der Mediator gewährleistet eine faire Kommunikation und unterstützt die Parteien dabei, ihre Bedürfnisse und Ziele zu klären, gemeinsame Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln und letztendlich eine für alle Beteiligten akzeptable Vereinbarung zu treffen.

Positive Psychologie – das Streben nach einem lebenswerten Leben

Positive Psychologie ist die wissenschaftliche Forschung, die sich mit den Bedingungen und Prozessen beschäftigt, die dazu beitragen, dass sich Individuen, Gemeinschaften und Institutionen positiv entwickeln. Es geht darum, die positiven Aspekte des menschlichen Lebens zu verstehen, zu fördern und zu kultivieren, um ein erfülltes und bedeutungsvolles Leben zu ermöglichen. Die Positive Psychologie legt den Fokus auf die Stärken und positiven Eigenschaften von Menschen, anstatt sich ausschließlich auf Krankheit, Probleme und Defizite zu konzentrieren. Sie untersucht, wie positive Emotionen, persönliche Stärken, positive Beziehungen, sinnstiftende Tätigkeiten und ein Gefühl von Erfüllung und Wohlbefinden gefördert werden können.

Die Forschung in der Positiven Psychologie zielt darauf ab, die Faktoren und Praktiken zu identifizieren, die dazu beitragen, dass Menschen ihr volles Potenzial entfalten und ein aus der Sicht des Individuums attraktives Leben führen können. Dies schließt Aspekte wie Glück, Lebenszufriedenheit, Wohlbefinden, Resilienz, positive zwischenmenschliche Beziehungen, Engagement und persönliches Wachstum mit ein.

Die Verbindung von Mediation und Positive Psychologie

Betrachtet man die Definitionen beider Konzepte, ist es nur folgerichtig, dass Mediation und Positive Psychologie harmonieren und miteinander verbunden werden können. Meine These ist, dass die konsequente Einbeziehung verschiedener Aspekte der Positiven Psychologie in das Mediationsverfahren den Medianten (Konfliktparteien) wesentliche Erleichterungen bieten kann.

Wenn Menschen sich in einem Konflikt befinden, lassen sich je nach Entwicklung und Intensität die verschiedenen Konfliktstufen nach Friedrich Glasl gut erkennen: Verhärtung, Polarisation & Debatte, Taten statt Worte, Sorge um Image und Koalition, Gesichtsverlust, Drohstrategien, begrenzte Vernichtungsschläge, Zersplitterung und gemeinsam in den Abgrund. Diese Stufen ergeben zusammen eine Abwärtsspirale. Gleichzeitig wachsen negative Emotionen, Allianzen werden erweitert, und es entstehen Ideen, wie man dem Konfliktgegner noch mehr Nachteiliges zuschreiben kann. In solchen Situationen wächst manchmal der Bedarf nach Macht und manchmal entsteht eine Ohnmacht, mit dieser Situation klarzukommen. Die Frage ist nun, wie es möglich ist, diese Spiralen zu unterbrechen oder in eine andere Richtung zu lenken.

Bedürfnisse und positive Aspekte in der Mediation

Ein zentraler Ansatz in der Mediation besteht darin, die Bedürfnisse der Konfliktparteien herauszuarbeiten, da diese im Konflikt oft nicht genannt oder vergessen werden. Dadurch verändern sich die oben genannten Emotionen für die andere Konfliktpartei ebenso wie das Verhalten auf der Beziehungsebene. Das Herausarbeiten der Bedürfnisse und das Fokussieren auf die positiven Aspekte in Bezug auf das Gegenüber helfen dabei, einen Teil des emotionalen Knotens zu lösen. Die „Broaden and Build“-Theorie von Barbara Fredrickson bietet eine weitere Ebene, um die Mediation zu erweitern. Laut dieser führt die Fokussierung auf positive Emotionen zu erhöhter Motivation, was wiederum zu mehr Engagement beiträgt, und letztendlich besseren Ergebnissen hervorbringt, die wieder positive Emotionen auslösen. Dieser Kreislauf verstärkt die positiven Gefühle und trägt zu einer besseren Beziehungsebene bei. Indem man die positiven Aspekte der Konfliktpartei(en) nicht nur oberflächlich akzeptiert, sondern wirklich zulässt, kann eine Aufwärtsspirale entstehen, in der die nicht erkannten oder unerfüllten Bedürfnisse auch auf einer anderen Ebene als der des Konflikts bearbeitet werden.

Fazit: Mediation und positive Psychologie – eine gute Kombination

Die Kombination von Mediation und positiver Psychologie erweist sich als vielversprechendes Duo. Mediation ermöglicht eigenverantwortliche Konfliktlösungen und fördert eine faire Kommunikation zwischen den Parteien. Positive Psychologie legt den Fokus auf Stärken und positive Eigenschaften. Durch die Einbindung von Positiver Psychologie in den Mediationsprozess entstehen wesentliche Erleichterungen für die Konfliktparteien und es kommt zu einer Aufwärtsspirale, in der auch nicht konfliktbezogene Bedürfnisse bearbeitet werden können.

Haben auch Sie schon über eine Kombination der beiden Themen nachgedacht? Wenn Sie Lust auf einen Austausch haben, dann melden Sie sich gerne hier oder via LinkedIn.

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